Ablauf einer Räumungsklage

25. Oktober 2025

Die Räumungsklage ist das zentrale Instrument des Vermieters, um nach Beendigung eines Mietverhältnisses die Herausgabe der Wohnung oder anderer Mieträume durchzusetzen. Sie ist ein häufiges und praxisrelevantes Verfahren im Mietrecht, das sowohl für Vermieter als auch für Mieter erhebliche wirtschaftliche und rechtliche Konsequenzen haben kann. In diesem Beitrag werden der Ablauf des Räumungsverfahrens, die maßgeblichen Kostenaspekte sowie die Möglichkeiten der Kostenerstattung unter Berücksichtigung aktueller Rechtsprechung umfassend dargestellt.

1. Wann ist eine Räumungsklage erforderlich?
Ein Mietverhältnis kann aus verschiedenen Gründen enden: durch ordentliche oder außerordentliche Kündigung, durch Zeitablauf bei befristeten Verträgen oder durch Aufhebungsvertrag. Häufig kommt es jedoch vor, dass der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses die Wohnung nicht freiwillig räumt. In diesem Fall bleibt dem Vermieter nur der Weg der Räumungsklage, um sein Herausgabeanspruch durchzusetzen.
Die Räumungsklage ist damit das gerichtliche Verfahren, mit dem der Vermieter die Herausgabe der Mietsache anstrebt. Sie ist regelmäßig dann erforderlich, wenn der Mieter trotz wirksamer Beendigung des Mietverhältnisses die Wohnung nicht zurückgibt.

2. Voraussetzungen der Räumungsklage
2.1. Beendigung des Mietverhältnisses
Zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Räumungsklage ist die wirksame Beendigung des Mietverhältnisses. Dies kann durch
• ordentliche Kündigung (z.B. Eigenbedarf, Pflichtverletzungen des Mieters),
• außerordentliche fristlose Kündigung (z.B. Zahlungsverzug, schwere Vertragsverletzungen),
• Zeitablauf bei befristeten Mietverträgen oder
• Aufhebungsvertrag
erfolgen.
Die Kündigung muss dem Mieter zugegangen sein und die gesetzlichen oder vertraglichen Formvorschriften einhalten. Bei der fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs ist zu beachten, dass der Rückstand eine bestimmte Höhe erreichen muss (mindestens zwei Monatsmieten).

2.2. Kein freiwilliger Auszug
Die Räumungsklage ist nur zulässig, wenn der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses die Wohnung nicht freiwillig herausgibt. Ein vorheriges außergerichtliches Aufforderungsschreiben ist nicht zwingend, aber aus Gründen der Kostenerstattung und zur Vermeidung von Verzögerungen ratsam.

3. Ablauf des Räumungsverfahrens
3.1. Klageerhebung
Die Räumungsklage ist beim zuständigen Amtsgericht am Ort der belegenen Mietsache einzureichen. Die Klageschrift muss den Anspruch auf Herausgabe der Wohnung sowie die Beendigung des Mietverhältnisses schlüssig darlegen und die Kündigung belegen.

3.2. Zustellung und Klageerwiderung
Nach Eingang der Klage wird diese dem Mieter (Beklagten) zugestellt. Das Gericht setzt dem Beklagten eine Frist zur Klageerwiderung. Der Mieter kann Einwendungen gegen die Beendigung des Mietverhältnisses oder gegen die Wirksamkeit der Kündigung vorbringen.

3.3. Mündliche Verhandlung
Kommt es zu keiner Einigung, bestimmt das Gericht einen Termin zur mündlichen Verhandlung. In diesem Termin werden die Parteien angehört, Beweise erhoben und die Rechtslage erörtert. Häufig wird das Gericht versuchen, eine gütliche Einigung herbeizuführen, etwa durch Abschluss eines Räumungsvergleichs.

3.4. Urteil und Vollstreckung
Kommt es zu keiner Einigung, entscheidet das Gericht durch Urteil. Wird der Mieter zur Räumung verurteilt, kann der Vermieter nach Rechtskraft des Urteils die Zwangsräumung durch den Gerichtsvollzieher betreiben.

4. Besonderheiten im Räumungsprozess
4.1. Schonfristzahlung
Bei einer fristlosen Kündigung wegen Zahlungsverzugs kann der Mieter die fristlose Kündigung durch vollständige Zahlung des Rückstands innerhalb von zwei Monaten nach Rechtshängigkeit der Räumungsklage „heilen“. Die ordentliche Kündigung bleibt hiervon jedoch unberührt, wie der Bundesgerichtshof mehrfach entschieden hat (vgl. BGH, Urteil vom 1. Juli 2020 – VIII ZR 323/18, WuM 2020, 499).

4.2. Räumungsfrist
Das Gericht kann dem Mieter auf Antrag eine Räumungsfrist gewähren, wenn die sofortige Räumung eine unzumutbare Härte darstellen würde. Die Frist kann bis zu einem Jahr betragen, in Ausnahmefällen auch länger.

4.3. Vollstreckungsschutz
Auch nach Erlass des Räumungsurteils kann der Mieter unter engen Voraussetzungen Vollstreckungsschutz beantragen, wenn die Zwangsräumung eine besondere Härte bedeuten würde.

5. Kosten des Räumungsverfahrens
5.1. Gerichtskosten
Die Gerichtskosten richten sich nach dem Streitwert, der bei Räumungsklagen regelmäßig das 12-fache der monatlichen Bruttomiete beträgt. Hinzu kommen Auslagen für Zustellungen und ggf. Sachverständige.

5.2. Anwaltskosten
Beide Parteien können sich im Räumungsprozess anwaltlich vertreten lassen. Die Anwaltskosten berechnen sich ebenfalls nach dem Streitwert. Im Falle des Obsiegens kann der Kläger (Vermieter) die Erstattung seiner Anwaltskosten von der Gegenseite verlangen.

5.3. Kosten der Zwangsräumung
Nach Erlass eines Räumungsurteils entstehen weitere Kosten für die Durchführung der Zwangsräumung durch den Gerichtsvollzieher. Diese Kosten sind grundsätzlich vom unterlegenen Mieter zu tragen.

5.4. Erstattung außergerichtlicher Kosten
Der Vermieter kann auch die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten (z.B. Anwaltskosten für die Kündigung oder Mahnung) verlangen, wenn sich der Mieter in Verzug befindet. Die aktuelle Rechtsprechung erkennt diese Kosten als erstattungsfähig an, sofern sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren (vgl. BGH, Urteil vom 27. Mai 2020 – VIII ZR 45/19, BGHZ 225, 352 Rn. 116 ff.).

6. Kostentragung und Kostenerstattung
6.1. Grundsatz: Unterliegen der Gegenseite
Im Zivilprozess gilt der Grundsatz, dass die unterlegene Partei die Kosten des Rechtsstreits zu tragen hat. Wird der Mieter zur Räumung verurteilt, muss er die Gerichtskosten, die Anwaltskosten des Vermieters und die Kosten der Zwangsräumung tragen.

6.2. Ausnahme: Teilweises Obsiegen/Unterliegen
Kommt es zu einer teilweisen Verurteilung, werden die Kosten anteilig verteilt. Bei einem Vergleich können die Parteien die Kostenverteilung frei regeln.

6.3. Besonderheit: Sofortiges Anerkenntnis
Erkennt der Mieter die Klage sofort an und hat keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben, kann der Vermieter auf den Kosten sitzen bleiben. Dies ist jedoch selten, da in der Regel bereits durch das Verhalten des Mieters (Nichtauszug) Veranlassung zur Klage gegeben ist.

7. Aktuelle Rechtsprechung zur Räumungsklage
7.1. Anforderungen an die Kündigung
Die Gerichte stellen hohe Anforderungen an die Wirksamkeit der Kündigung. Fehler in der Form, im Zugang oder in der Begründung können die Kündigung und damit die Räumungsklage zu Fall bringen. So hat das Amtsgericht München (Urteil vom 15.05.2020, Az. 473 C 4290/19) eine Räumungsklage abgewiesen, weil die Voraussetzungen für eine Verwertungskündigung nicht vorlagen.

7.2. Mietminderung und Zurückbehaltungsrecht
Mieter können sich gegen die Räumungsklage verteidigen, indem sie geltend machen, dass die Miete wegen Mängeln gemindert war. Allerdings entfällt das Minderungsrecht, wenn der Mieter die Mangelbeseitigung durch den Vermieter nicht duldet (BGH, Urteil vom 10.04.2019 – VIII ZR 12/18).

7.3. Schonfristzahlung
Wie bereits erwähnt, kann der Mieter durch Zahlung des Rückstands innerhalb der Schonfrist die fristlose Kündigung „heilen“. Die ordentliche Kündigung bleibt jedoch wirksam (BGH, Urteil vom 1. Juli 2020 – VIII ZR 323/18, WuM 2020, 499).

7.4. Räumungsfrist und Vollstreckungsschutz
Die Gerichte gewähren Räumungsfristen nur in Ausnahmefällen und unter strengen Voraussetzungen. Der Mieter muss eine unzumutbare Härte glaubhaft machen. Auch nach Erlass des Räumungsurteils kann Vollstreckungsschutz beantragt werden, wenn die Zwangsräumung eine besondere Härte bedeuten würde.

8. Praktische Hinweise für die Durchsetzung und Abwehr der Räumungsklage
8.1. Für Vermieter
• Sorgfältige Vorbereitung der Kündigung: Form und Begründung müssen stimmen.
• Dokumentation: Zugang der Kündigung und etwaiger Mahnungen nachweisbar machen.
• Fristen beachten: Insbesondere bei der Geltendmachung von Zahlungsrückständen.
• Vorgerichtliche Einigung versuchen: Ein Vergleich kann Zeit und Kosten sparen.
• Kostenerstattung sichern: Notwendige Kosten dokumentieren und im Verfahren geltend machen.

8.2. Für Mieter
• Prüfung der Kündigung: Ist sie formell und materiell wirksam?
• Mängel dokumentieren: Nur berechtigte Mietminderungen schützen vor Kündigung.
• Schonfristzahlung nutzen: Bei Zahlungsverzug kann die fristlose Kündigung geheilt werden.
• Räumungsfrist beantragen: Bei unzumutbarer Härte kann eine Fristverlängerung erreicht werden.
• Rechtzeitig anwaltlichen Rat einholen: Gerade bei drohender Obdachlosigkeit.

9. Fazit
Die Räumungsklage ist ein effektives, aber auch komplexes Instrument zur Durchsetzung des Herausgabeanspruchs des Vermieters. Sie setzt eine wirksame Beendigung des Mietverhältnisses und das Ausbleiben der freiwilligen Rückgabe voraus. Das Verfahren ist formalisiert und unterliegt strengen Anforderungen, insbesondere an die Wirksamkeit der Kündigung.
Die Kosten des Verfahrens sind erheblich, können aber bei Obsiegen auf die Gegenseite umgelegt werden. Die aktuelle Rechtsprechung betont die Bedeutung der formellen Anforderungen, die Möglichkeit der Schonfristzahlung und die Grenzen des Minderungsrechts. Für beide Seiten empfiehlt sich eine sorgfältige Vorbereitung und gegebenenfalls die frühzeitige Suche nach einer einvernehmlichen Lösung.

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